Das deutsch-dänische Miteinander als Erfolgsmodell.

27. August 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,
Die deutsch-dänische Grenze, an der wir leben, ist ein Musterbeispiel dafür, dass
Grenzen nicht nur trennen, sondern auch verbinden können.
Damals, – vor langer, langer Zeit – damals nach dem Ersten Weltkrieg, war es ein
Experiment und ein mutiges Unterfangen, eine Grenze „in Übereinstimmung mit dem
Wunsche der Bevölkerung“ festzusetzen, wie es im Artikel 109 des Versailler
Friedensvertrages hieß.
Wir wissen heute, dass bei dem Zuschnitt der Abstimmungszonen etwas getrickst
wurde und deshalb bei dem Ergebnis der Abstimmung keine großen
Überraschungen zu Tage traten.
Natürlich verliefen die ersten Jahre der Abtretung nicht ganz ungetrübt, gab es doch
plötzlich Dänen, die auf deutscher Seite und Deutsche, die auf dänischer Seite
lebten; aber immer blieb es friedlich.
Ganz entscheidend aber war und ist auch heute noch das Respektieren der
jeweiligen Minderheit, ihrer Sitten, Gebräuche, ihrer Kultur, ihrer Sprache.
Geregelt wurde dieses Miteinander – und ich sage hier bewusst Miteinander, nicht
Nebeneinander – dann offiziell durch die Bonn-Kopenhagener-Erklärungen von 1955,
mit denen die Minderheiten im jeweiligen Staat anerkannt wurden.
Auf jeder Seite der Grenze gibt es Schulen und Kindergärten, Vereine und Kirchen,
Gesundheitsvorsorge und vieles mehr, das vom jeweils anderen Land (mit)finanziert
oder subventioniert wird.

Es gibt Deutsche südlich der Grenze, die ihre Kinder auf die Dänische Schule
schicken, es gibt Dänen in Dänemark, die ihre Kinder auf die deutsche Schule
schicken.
Das ist auch gut so.
Das ist das, was wir von dieser Grenze und von dem Umgang mit den jeweiligen
Minderheiten lernen können.
Freundschaft und gute Nachbarschaft können nicht verordnet werden. Sie müssen
wachsen auf der Basis gegenseitigen Vertrauens und Verstehens.
Das ist in unserer Grenzregion geschehen.

Meine Damen und Herren,
diese, unsere Grenzregion ist deshalb ein gutes Vorbild zur Lösung von
Minderheitenproblemen weltweit.
Es hat sich für uns immer gelohnt, über die Grenze zu schauen.
Jeder kann vom anderen lernen.
Lange Zeit konnte Dänemark mit seinem Sozialsystem ein absolutes Vorbild sein, z.
B. beim Umgang mit alten Menschen oder auch bei dem Prinzip des „runden
Tisches“, wenn es darum ging, bei Konflikten zwischen Arbeitgebern und
Gewerkschaften eine gemeinsame Lösung zu finden.

Ich habe viele Jahre als Gewerkschaftssekretär gearbeitet und hatte engen Kontakt
zu dänischen Gewerkschaftskollegen.
Die dänischen Kollegen verstanden oftmals Probleme nicht, die wir in Deutschland
hatten, denn in Dänemark wurden viele Probleme am runden Tisch gelöst, mit allen
Betroffenen und mit einer für alle akzeptablen Lösung.

Lassen Sie mich noch – mit Blick auf die heutige Zeit – zwei letzte Anmerkungen
machen:
1. Vor diesem, geschilderten Hintergrund bin ich in der heutigen Zeit leicht irritiert
über die neuen Grenzkontrollen, die begründet werden mit der Gefahr vor
Flüchtlingen.
Hier wird mit Angst Politik gemacht.
Das ist auf Dauer nicht gut.
2. Wir können – mit Blick auf die beiden Vorworte zum Minderheitenbericht –
folgendes feststellen:
Die generelle Forderung nach Hinweisschildern von Sehenswürdigkeiten sowohl in
deutscher als auch in dänischer Sprache im Vorwort zum Minderheitenbericht zeigt
wie erfolgreich und entspannt der Umgang mit den Minderheiten beiderseits der
deutsch-dänischen Grenze ist.
Wenn es weiter keine größeren Probleme gibt, als diese Forderung, dann können wir
hier in der Grenzregion ganz entspannt in die Zukunft blicken.

Manfred. Küter
27.09.2017