Zum Antrag „Aussetzung von Sanktionen gegen Hartz IV – Empfänger“

27. August 2020

Sehr geehrte Damen und Herren,
vor etwa einem Monat hat das Sozialgericht Gotha dem Bundesverfassungsgericht
die Frage vorlegt, ob finanzielle Sanktionen im Zusammenhang mit Hartz IV, die zur
Kürzung des Existenzminimums führen, rechtmäßig sind oder gegen das
Grundgesetz verstoßen.
Bei dem Antrag der LINKEN hier im Kreistag geht es jetzt darum, zu verhindern, dass
sich eine rechtlich unsichere Situation zu Lasten von Hartz-IV Beziehern auswirkt. Es
geht darum, die Schwachen in unserer Gesellschaft vor Nachteilen und Schaden zu
bewahren.
Im Verhältnis zwischen der Bundesagentur für Arbeit oder der Optionskommune auf
der einen Seite und einem Hartz IV – Empfänger auf der anderen Seite ist eine Hartz
IV- Empfängerin immer in der schlechteren Position. Das gilt insbesondere dann,
wenn ihnen seitens der Behörde falsche Bescheide zugestellt werden und ihnen
Teile der Grundsicherung vorenthalten werden.
Jetzt hat das Sozialgericht Gotha die Rechtmäßigkeit von Sanktionen, die zur
Kürzung eines Existenzminimums bei Hartz IV – Beziehern führen, angezweifelt.
Wir fordern deshalb, dass Sanktionen durch das Jobcenter sofort bis zur richterlichen
Entscheidung auszusetzen sind.

Die Zweifel an der bisherigen Praxis, mit Sanktionen Menschen gefügig zu machen,
sind für das Gericht so groß, dass es die Frage dem Bundesverfassungsgericht zur
Entscheidung vorgelegt hat.
Es geht letztendlich um die Frage, ob die Sanktionsmöglichkeiten der Jobcenter mit
dem Grundgesetz vereinbar sind oder nicht.
Das Gericht sieht die Menschenwürde verletzt, wenn Leistungen gekürzt werden.
Der Staat müsse – nach Auffassung des Gerichts – jederzeit ein menschenwürdiges
Existenzminimum garantieren.
Die Gothaer Richter beziehen sich in ihrer Argumentation auf das Grundgesetz
->auf die Unantastbarkeit der Menschenwürde
->auf die Sozialstaatlichkeit der Bundesrepublik.
->auf das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit
->auf eine mögliche Gefährdung von Leben und Gesundheit, die durch
unzureichende Ernährung ausgelöst wird.
Außerdem sieht das Gericht die garantierte Berufsfreiheit durch Sanktionen
gefährdet, denn die Verpflichtung eines Arbeitslosen, eine bestimmte Tätigkeit
anzunehmen, könnte auch das Grundrecht auf Berufsfreiheit verletzen.
Kein Hartz IV – Empfänger kann für nicht vorhandene, qualifizierte Arbeitsplätze
verantwortlich gemacht werden.
Langzeitarbeitslose sind auch nicht dafür verantwortlich zu machen, dass sich ihre
Beschäftigungschancen verschlechtern.

Ziel einer jeden Arbeitsvermittlung kann nur eine versicherungspflichtige, ordentlich
bezahlte Arbeit sein, von der eine ganze Familie leben kann.
Sanktions-Druck schafft diese Arbeitsplätze nicht.

DIE LINKE fordert deshalb mit diesem Antrag ein sofortiges Aussetzen von
finanziellen Sanktionen, denn eine Kürzung der Geldmittel kann rückwirkend nicht
wieder gut gemacht werden.

Sollte das nicht geschehen, dann sind mit Sanktionen belegte Hartz IV – Bezieher
gut beraten, wenn sie umgehend beim zuständigen Jobcenter Widerspruch gegen
eine derartige Sanktion einlegen und einen Antrag auf Ruhen des Verfahrens bis zur
Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellen.
Daraus würde eine Klageflut resultieren, die die ohnehin schon stark belasteten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Jobcenter noch mehr belastet. Das ist mit der
Fürsorgepflicht des Arbeitgebers nicht zu vertreten.
Mit dem Aussetzen der finanziellen Sanktionen bis zur endgültigen
höchstrichterlichen Klärung kommt der Kreis seiner Rolle als verantwortlicher
Arbeitgeber und als Verantwortlicher für die körperliche und seelische Unversehrtheit
seiner Arbeitssuchenden gewissenhaft nach, ohne irgendwelche Präjudizen zu
schaffen.
DIE LINKE bittet Sie, dem Antrag zuzustimmen.
Manfred. Küter
24. Juni 2015